[ ]
Carbon hat im Fahrradbereich Hochkonjunktur
Carbon am Fahrrad: Montage, Gebrauch, Pflege
Aktuelle Carbon-Rennmaschinen glänzen mit geringem Gewicht und
hoher Steifigkeit. So wird die ganze Kraft des Fahrers in sofortigen
Vortrieb umgewandelt.
Carbon hat im Fahrradbereich Hochkonjunktur –
inzwischen längst nicht mehr nur beim Rennrad. Was die Vorzüge des
Materials sind und wie es behandelt werden muss, wird auf dem Recherche-Kongress
Fahrrad des pressedienst-fahrrad erklärt.
[pd-f] Um Fahrradrahmen und -komponenten aus Carbon kommt keiner herum, der in Sachen Gewicht, Steifigkeit und Trend auf dem neuesten Stand sein will. Was verbirgt sich eigentlich hinter der Bezeichnung „Carbon“? Kurz gesagt handelt es sich dabei um Kohlenstofffilamente, die durch Verkohlung von Kunststofffasern entstehen. Tausende solcher hauchfeinen Fasern werden zu Fäden zusammengefasst, die entweder zu Geweben verarbeitet werden oder uni- beziehungsweise multidirektionale „Gelege“ bilden; ihren Zusammenhalt bekommen die Fasern durch die so genannte Harzmatrix, in die der Faserverbund eingebettet wird.
„Die leichtesten Carbon-Rennrahmen wiegen heute um 800
Gramm“, erklärt Stefan Scheitz vom Fahrradhersteller Felt
(www.felt.de). Günstige Exemplare können bis zu 1300 Gramm auf die
Waage bringen. Zum Vergleich: Ein guter Alu-Rahmen wiegt rund 1300
Gramm, ein Highend-Stahlrahmen gut 1500 Gramm. Mountainbike- und
Trekkingrahmen sind aufgrund der robusteren Konstruktion etwas schwerer.
Bei Felt kostet ein komplettes Rennrad mit Carbonrahmen 1.800 Euro
aufwärts (Felt F5, 1.799 Euro), bei einem Gewicht von rund 8,5 Kilo.
Highend-Maschinen, die noch einmal zwei Kilo weniger wiegen, kosten
mindestens 4.000 Euro – dann werden superteure Hochmodelfasern
verwendet, zahlreiche Anbauteile wie Kurbeln, Felgen, Lenker und
Sattelstütze werden bei solchen Rädern ebenfalls aus Fasermaterial
gefertigt.
Am Montageständer lassen sich Wartungsarbeiten am Sportrad schnell
und komfortabel, weil ohne Bücken erledigen. Hochwertige Rahmen,
Gabeln und Bauteile aus Carbon sind heute weitgehend ausgereift
und sicher, dennoch erfordert der Umgang mit ihnen besondere Aufmerksamkeit. „Äußere
Beschädigungen, wie sie etwa bei einem Sturz entstehen, können sich
auf die Stabilität des kompletten Bauteils auswirken“, erklärt
Dirk Belling vom Komponentenhersteller Sram, der etwa bei den Tretkurbeln
Carbon einsetzt (www.sram.com).
Er empfiehlt, beschädigte
Bauteile sicherheitshalber auszutauschen, um das gefährliche „Spontanversagen“
eines vorgeschädigten Bauteils zu vermeiden. Allerdings gibt Belling
zu bedenken: „Auch bei leichten Aluminiumteilen kennen wir
das Phänomen plötzlicher Brüche, etwa bei Lenkern, die nach einem
Sturz nicht ausgetauscht wurden.“ Eine Aussage, die vor Panikmache
warnt, dennoch sollte man die folgenden Punkte beachten, will man
auf der Carbon-Welle mitschwimmen.
Leichtbau nicht übertreiben!
Wer Carbonteile zur Gewichtsminimierung verwendet, sollte im Auge behalten, dass vor allem das „Systemgewicht“ aus Rad und Fahrer zählt. „Schwere Fahrer belasten ihr Material überproportional stärker als Leichtgewichte“, weiß Rolf Häcker vom Lenkeranbieter Humpert (www.humpert.com). Sie sollten an sicherheitsrelevanten Stellen (Vorbau, Lenker, Sattelstütze) keine Kompromisse hinsichtlich der Stabilität eingehen.
Gewichtslimits beachten!
Nicht wenige Hersteller setzen eine Obergrenze für das Fahrergewicht fest – teilweise liegt diese schon bei 75 Kilo. „Deshalb muss man bei Leichtbauteilen diesbezüglich Informationen einholen, sei es im Fahrradladen oder auf der Homepage des Herstellers“, mahnt der Journalist und Rennrad-Experte Caspar Gebel.
Der Gebrauchsanweisung folgen!
Montageanweisungen der Hersteller müssen befolgt werden; liegt dem Produkt kein Informationsblatt bei, sollte man sich im Internet oder telefonisch beim Hersteller informieren. „Besonders wichtig: Angaben über Drehmomente bei der Montage“, sagt Rolf Häcker.
Das richtige Werkzeug verwenden!
Dazu gehört vor allem ein Drehmomentschlüssel (kostet ca. 100 Euro), um Befestigungsschrauben mit der vom Hersteller angegebenen Kraft anziehen zu können. „Vor allem Brüche von Lenker und Sattelstütze gehen oft auf das Konto zu fest angezogener Schrauben“, berichtet Stefan Scheitz vom Rennradhersteller Felt. „Bei der Reklamation ist dann dasEntsetzen groß.“
Niemals fetten!
Carbonteile dürfen nie mit Fett oder Montagepaste montiert werden, da beides die Reibung zwischen den Bauteilen verringert, was wiederum materialschädigend höhere Anzugsmomente erfordert. „Inzwischen gibt es eine spezielle Carbonpaste, die für mehr Reibung sorgt, ohne die Oberflächen anzugreifen“, berichtet Dirk Belling.
Hände weg von Billigprodukten!
Eine Carbon-Rennradgabel für 50 Euro? Nein danke! „Bei billigen Teilen kommt es immer wieder zum gefährlichen Phänomen der Delaminierung – Faserschichten im Inneren lösen sich ab, das Bauteil wird schwächer, ohne dass man es sehen kann“, warnt Fachjournalist Caspar Gebel. „Bei Carbon lautet das Motto: Qualität oder Finger weg!“
Das Material prüfen!
Der Eleganz einer echten Rennmaschine kann kaum jemand widerstehen. Ihre Schönheit lässt den Laien vergesen, dass hinter ihrer grazilen Gestalt ein harter, entbehrungsreicher Sport steckt. Zum Beispiel auf Risse oder Kerben an Carbonlenkern, -sattelstützen und Gabelschaftrohren. Tauschen Sie nach einem Sturz, bei dem der Vorbau auf dem Schaftrohr verdreht wurde und/oder das Lenkerband beschädigt wurde, den Lenker aus und kontrollieren Sie das Schaftrohr genau auf Beschädigungen. Noch besser: neue Gabel montieren.
Empfindliche Oberflächen schützen!
„Dort, wo Schalt- oder Bremszüge am Rahmen reiben, müssen Klebefolien angebracht werden“, erklärt Dirk Belling vom Komponentenhersteller Sram. „Verlegen Sie Brems- und Schaltzüge so, dass sie den Rahmenrohren nicht zu nahe kommen.“
Korrosion verhindern!
Überall dort, wo Aluminiumteile am Carbonrahmen befestigt sind (Zuganschläge, Ausfallenden), droht Korrosion. „Behandeln Sie Carbonrahmen deshalb von Zeit zu Zeit mit Sprühwachs oder Pflegespray“, mahnt Bodo Franz von Rema Tip Top – zum Beispiel mit Rema Tip Top-Schutzwachsspray (www.rema-tiptop.de, ca. 9 Euro).
Nicht zu hart anfassen!
„Mit einem kantigen Bügelschloss sollte man seinen Carbon-Trekkingrahmen nicht traktieren“, warnt Mario Moschler vom Radhersteller Winora Benutzer seines Carbon-Trekkingbikes „Amazonas“ (www.winora.de). „Die Topmodelle unserer Steel-o-Flex-Reihe sind ebenso sicher wie die besten Bügelschlösser, dabei im Handling geeigneter für empfindliche Oberflächen“, antwortet Christian Rothe vom Schlosshersteller Abus (www.abus.de).
Schäden verhindern!
Bei Rädern mit Kettenschaltung verhindert ein Kettenfänger, dass die Kette vom kleinen Kettenblatt fällt und die Kettenstrebe beschädigt. Überhaupt müssen Kettenschaltungen sorgfältig eingestellt werden; wenn das hintere Schaltwerk durch einen zu großen Schwenkbereich in die Speichen gerät, kann der ganze Rahmenhinterbau kaputt gehen.
Keine Klemmen!
Mit den Klemmbacken eines Montageständers kann man ohne Probleme ein Carbon-Rahmenrohr „knacken“. „Deshalb sollte man das Rad immer an der Sattelstütze einspannen und ein weiches Tuch oder ähnliches dazwischenlegen“, empfiehlt Thomas Wiemann vom Zubehörhersteller Elite (www.elite-it.com). Noch besser: vor dem Einspannen eine passgenaue Alu-Stütze montieren.
Ins Auto statt aufs Dach
Als Rostschutz-, Schmier- und Lösungsmittel bietet sich dem Radfahrer ein Allzweck-Wartungsöl an. Wer sein Fahrrad auf dem Autodach transportiert, setzt es nicht nur dem Beschuss von Regentropfen und Schmutzteilchen aus, sondern auch Vibrationen, die strukturschädigend sein können. „Carbonrahmen haben für diese Art von Belastungen nicht immer die nötigen Reserven“, erklärt Thomas Wiemann. Aus diesem Grund empfiehlt er ebenfalls, zum Indoor-Training statt eines Carbonrades das Alu-Winterrad auf den Elite-Trainer zu spannen.
Quelle: http://Pressemitteilung.WS